Leseförderung an der Fleiner Grundschule ein Selbstläufer

18 ehrenamtliche Mentoren unterstützen 29 Fleiner Zweit- bis Viertklässler beim Lesetraining. Idee kam von der Bürgerstiftung. Im nächsten Schuljahr geht es weiter. 

 

Bericht aus der Heilbronner Stimme vom 18. Juli 2024

von Sabine Friedrich

"Lesen ist nicht mein Hobby", nimmt Levi kein Blatt vor den Mund. Und deshalb hat er im Verlauf des Schuljahrs auch nicht mehr Lust aufs Lesen bekommen. Aber der Elfjährige muss zugeben, dass er sich "schon ein bisschen verbessert hat". Also hat es doch etwas gebracht, Woche für Woche mit Brigitte Krummlauf zu üben. Die Rentnerin gehört zu 18 Lesementoren, die auf Initiative der Bürgerstiftung Flein seit Oktober an der St. Veit-Schule eingesetzt sind. Eine Unterstützung, die Rektor Wolfgang Klooz "großartig" findet. Er möchte dieses Angebot, für das seine Sekretärin Julia Schaible das Organisatorische leistet,  nicht mehr missen.

Wort. "Du weißt schon, wofür die benutzt wird?", fragt Brigitte Krummlauf ihren Schützling, denn sie will auch das Textverständnis fördern. Weiß Levi: Es ist eine Maschine zum Plattmachen. Für diesen Morgen hat sich die Lesementorin das Buch "Heilbronner Geheimnisse" ausgesucht. Denn Levi sei an Technik interessiert. "Das ist eigentlich nichts für mich", antwortet der Viertklässler prompt. Manchmal hat er aber schon Spaß gehabt im dienstäglichen 20-minütigen Training, gibt der pfiffige Junge dann doch zu. Vor allem, als er aus "Gregs Tagebuch" vorgelesen hat. Einen Band der Reihe hat Levi zum Geburtstag bekommen. Und der hat ihm gefallen, so dass er den Comic-Roman sogar in der Buchpräsentation im Unterricht vorgestellt hat. 
             

Levi ist einer von drei Schülern, mit denen Brigitte Krummlauf Lesen übt. Sie gehört zu den 18 Mentoren, die ehrenamtlich diese Unterstützung an der Fleiner St. Veit-Schule leisten.

Foto: Ralf Seidel - Heilbronner Stimme

 

         Es liegt auch an der Konzentration

"Leider",  sagt Levi, habe ihn seine Mutter zur Leseförderung angemeldet. "Weil ich nicht so gut lese", kennt er natürlich den Grund. "Du liest schon gut, aber du überfliegst den Text", motiviert ihn Brigitte Krummlauf. Zum Ende des Schuljahres merkt sie bei ihren drei Schützlingen, dass die Luft raus ist. Fußballspielen, Radfahren, mit Freunden rausgehen: Das macht Levi in seiner Freizeit lieber als lesen. Dass er jetzt kurz vor den Ferien als Hausaufgabe auch noch zwei Kapitel aus "Tita und Leo" lesen muss, schmeckt dem Viertklässler nicht. "Wenn ich mich richtig konzentriere, brauche ich 15 Minuten dafür. Im Kopf kann ich besser lesen als laut", erklärt Levi, dessen Lieblingsfächer Mathe, Englisch und Sport sind. 

Die Schüler können zum Lesetraining selbst ein Buch mitbringen. Tun sie aber meist nicht. Deshalb setzt Krummlauf auf die Beratung der Ortsbücherei, die das Projekt unterstützt. "Sitzen ist nicht mein Ding", begründet Krummlauf, warum sie sich als Mentorin gemeldet hat. Sie wollte im Ruhestand noch etwas machen, abgesehen von ihrem Ehrenamt im Beirat der Fleiner Landfrauen, denen sie zwölf Jahre vorstand. Zudem liest sie selbst gerne und hat auch ihren Enkeln gerne vorgelesen. "Gell, wir verstehen uns", meint die 69-Jährige an Levi gerichtet. Denn es sei wichtig, dass die Chemie zwischen Schüler und Mentor stimme. "Es ist eine sinnvolle Tätigkeit", sagt Krummlauf zu ihrem Einsatz, der ihr Spaß macht, weshalb sie auch im nächsten Schuljahr wieder dabei ist.

Eigene Kapazitäten zur Leseförderung hat die Schule nicht

Die allermeisten Mentoren berichteten von Fortschritten bei "ihren" Schülern, erzählt Rektor Klooz. Wenn es nicht richtig vorangehe, tauschten sich die Lesepaten mit den Klassenlehrern aus, die Tipps geben könnten. "Es ist unheimlich wichtig, dass es so was gibt, um Kinder, die Bedarf haben, zusätzlich zu fördern", ist Klooz froh über das Ehrenamts-Projekt. Zusätzliche Kapazitäten, sprich Lehrerstunden, habe die Schule dafür nicht. Die Nachfrage ist groß: 29 Zweit- bis Viertklässler, die von ihren Lehren vorgeschlagen worden sind, machen beim Training mit. Das sind mehr als zehn Prozent der 244 Grundschüler. Keiner der Eltern habe nein gesagt, so Julia Schaible.  Diese hatten Gelegenheit, den Mentor ihres Kindes kennenzulernen. "Die Eltern wissen, dass Übungsbedarf da ist", so Klooz. 

Er weist darauf hin, dass der Organisationsaufwand enorm sei. Schaible erstellt quasi einen Stundenplan, muss bei Krankheit des Kindes den Mentor informieren und, wenn der passen muss, eine Vertretung suchen. Die Eltern mussten eine Einverständniserklärung unterschreiben, die Ehrenamtlichen ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Schaible hat eine E-Mail schon in der Pipeline mit einem Dankeschön für den Einsatz und der Bitte um Rückmeldung und Wünsche. Schaible freut sich schon auf den Oktober, wenn es im neuen Schuljahr weitergehen soll. Sie hat schon rausgehört, dass alle Mentoren wieder dabei sein wollen. "Hoffentlich werden es mehr", sagt sie. An Kindern, die Förderung bräuchten, werde es nicht weniger.

 

 

Roland Gärtner hatte die Idee der Lesepaten seinen Vorstandskollegen der Bürgerstiftung Flein vorgetragen, nachdem er sich beim Bundesverband der Leselernhelfer kundig gemacht hatte. Er erntete Zustimmung, das Projekt anzustoßen mit einem Aufruf und einem Infoabend. Dass sich 18 Frauen und Männer, fast ausschließlich Rentner, meldeten, überraschte Gärtner. "Das Prinzip der 1:1-Betreuung ist ganz wichtig", meint der ehemalige langjährige Rektor der St. Veit-Schule. Das Projekt sei ein Selbstläufer und komme allen zugute, so Gärtner. Die einzigen Kosten, die der Bürgerstiftung entstehen, sind für Kaffee, Kuchen und Butterbrezeln für den Erfahrungsaustausch der Mentoren.